Der 22. Band der Reihe nr-Werkstatt von netzwerk recherche e.V. dokumentiert die Ergebnisse der Fachkonferenz „Tunnelblick – woran Recherchen scheitern können“, die das netzwerk recherche in Kooperation mit dem WDR und der WAZ-Mediengruppe am 11. und 12. November 2011 in Köln ausrichtete. Journalisten berichten darin über ihr Scheitern und ihre Fehler. Nicht aber um sie kleinzureden oder einfach zu entschuldigen, sondern die Gründe für ihr Scheitern zu finden.
Die Werkstattbereichte des Journalistennetzwerkes sind immer eine Fundgrube und ein Ausbildungsseminar für praktizierende und werdende Journalisten. Eine Information aber weit über den Journalistenberuf hinaus. Der als PDF-Download verfügbare kostenlose Band liefert nicht nur Backstage-Informationen zur Medienpraxis für (angehende) Journalisten, Politikwissenschafter und Studierende sondern auch der Bürgergesellschaft, politischen Akteuren, Whistleblowern Bürger(rechts)bewegungen udgl., deren wichtige Arbeit häufig mit Recherche für die Öffentlichkeit verbunden ist, Praxis gegen den eigenen Tunnelblick.
Netzwerk Recherche. "netzwerk recherche e.V." tritt ein für den in Deutschland vernachlässigten investigativen Journalismus. Die am 1. April 2001 gegründete Vereinigung von Journalisten will die Qualität der Medienberichterstattung mittels Recherche steigern, dem journalistischen Nachwuchs Recherchetechniken vermitteln und den investigativen Journalismus pflegen.
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Tunnelblick – woran Recherchen scheitern können. Der 22. Band der Reihe nr-Werkstatt, PDF-Datei, 224 S., 2,3 MB
[Letzte Aktualisierung 10.7.12]
Lohnt sich ein Download? Zum Inhalt:
Der Mediziner Peter Sawicki zeigt, dass Irren menschlich ist. Er fordert, dass Fehlermanagement Chefsache ist – denn nur durch Fehleranalyse können diese in Zukunft verhindert werden.
„Der kollektive Irrtum“ zeigt am Beispiel der Berichterstattung über den Tod eines Sechsjährigen in Sebnitz (Bild: „Neonazis ertränken Kind“), wie fehlende Kontrolle, mangelnde Kompetenz und der Herdentrieb der Medien zum Recherche-Gau wird. Helga Kirchner diskutiert mit Udo Röbel, Bruno Schrep, Wolfgang Donsbach, Klaus Gertoberens und Alexander Wendt.
Der Wall Street Journal-Reporter David Crawford berichtet, wie es nach dem Scheitern weitergeht. Und dass 15 Jahre alte Recherchen nicht verloren sind – sondern zu Überraschungen und Erfolg führen können.
Im Workshop „(Fehler)Quellen“ berichten Ingrid Bertram, Katinka Schröder und Nina Weber von den Tücken und Hürden, an Expertenwissen zu gelangen, sowie diese richtig einzuordnen, aufzuarbeiten und zu präsentieren.
Ein sehr offenes Gespräch führen Thomas Walde, Michael Jürgs und Werner Dähnhardt zu einem der größten Skandale in der Geschichte der bundesdeutschen Presse – den gefälschten Hitler-Tagebüchern.
Von den Zwängen im Lokaljournalismus und ihre Art, damit umzugehen, berichten Wolfgang Messner (Stuttgarter Zeitung), David Schraven (WAZ) und Hubertus Gärtner (Neue Westfälische).
Unterlassungserklärung, Schadenersatzforderung, Gerichtsverfahren – anhand von aktuellen Beispielen analysieren Dietmar Schiffmüller, Ingolf Gritschneder und Gert Monheim den juristischen Druck auf Berichterstattung und Berichterstatter.
Die Recherchetrainer Manfred Redelfs und Albrecht Ude gehen Internet-Fakes auf den Grund und zeigen, wie man diese enttarnt.
„Richter, Rotlicht, Rechercheure…“ – der Versuch einer Aufarbeitung des komplexen Zusammenspiels im sogenannten „Sachsensumpf“ – die Hintergründe, Gerichtsverfahren und Unterschiede zwischen festen und freien Journalisten. Sergej Lochthofen diskutiert mit Thomas Datt, Thomas Bärsch und Alexander Wendt.
Durch das „Dickicht der Zahlen“ kämpfen sich Jörg Weber (Verdacht: Schneeballsystem), Andreas Orth (Korruption im Gleisbau) und Ulrike Herrmann (Vermögen der Deutschen).
Hans Leyendecker berichtet von seiner größten journalistischen Katastrophe – dem „Todesschuss von Bad Kleinen“.
Von Medien-Macht und Selbstzensur – Thomas Schuler gibt Einblick in seine Recherchen und Veröffentlichungen zum Medienunternehmen Bertelsmann.
Vom Arbeiten, Leben und Überleben als Experte für radikale Szenen in Deutschland: Andrea Röpke, Andreas Speit und Ahmet Senyurt berichten von Veränderungen ihrer Recherchemethoden und der Anerkennung ihrer Arbeit.
Im Workshop „Hemmschwellen“ diskutiert Gottlob Schober mit Christiane Giesen, Gert Monheim, Ingolf Gritschneder und Wolfgang Minder die Verantwortung der Journalisten für ihre Story – vor, während und nach der Arbeit daran.
Wie eine vermeintliche Kindersoldatin die Medien bloßstellte: Attraktivität geht vor Wahrheit und die Pflicht zur Recherche liegt bei anderen? Kurt Gerhardt diskutiert mit Julia Saldenholz, Kuno Haberbusch, Arnd Henze und Jörg Wöbse.
Die drei Journalisten Christine Kröger, Hajo Seppelt und Uwe Ritzer zeigen an aktuellen Berichten aus Sport, Wirtschaft und lokalen Milieustudien die „Stolpersteine bei investigativen Recherchen“ auf.
Vom Scheitern – zur Veröffentlichung – zum Grimme-Preis. Felix Kuballa erzählt die wandlungsreiche Suche nach Josef Mengele.
Tschetschenien, Ukraine, Uganda – von den Schwierigkeiten eines Auslandsreporters und Kriegsberichterstatters berichten Markus Grill, Martina Keller, Hans-Josef Dreckmann und Peter-Josef Bock.
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