An den
Präsidenten der Europäischen Kommission
José Manuel Barroso
An den
Präsidenten des Europäischen Rates
Herman Van Rompuy
Wien, 17.10.2011
Sehr geehrte Herren!
Es geht auch Sie an!
Es beginnt ja immer still und leise und geht immer weiter. Angriffe auf die Medienfreiheit - und jetzt auf die Theaterwelt. Bis vor kurzem hatte Budapest ein "Neues Theater" mit einem Intendanten, der es 13 Jahre lang ausgezeichnet führte. Jetzt heißt das Theater auf Wunsch seines neuernannten Chefs "Heimatfronttheater" und wird von einem zweitklassigen Schauspieler geführt, der sich selbst als rechtsradikal bezeichnet und in seine Bewerbungsunterlagen so viel von nationalsozialistischer Ideologie und "Kunst"-Idee einfließen ließ, dass man sich des Gefühls nicht erwehren kann, ein Dokument aus den 1930er Jahren in Händen zu halten. Der Mann wurde vom Budapester Oberbürgermeister eingesetzt, obwohl seine Bewerbung in der Bestellungskommission 6 zu 2 abgelehnt worden war und er kündigte an, dass er nunmehr in diesem Theater nur national gesinnte Stücke spielen werde, die "die Einheit des Landes fördern", zum Beispiel Stücke eines gewissen Isztvan Csurka - weit über Ungarns Grenzen hinaus als rabiater Antisemit bekannt. Diesen Herrn Csurka hat der neue Direktor auch gleich zum neuen Intendanten ernannt und die Saison will er mit zwei Csurka-Stücken eröffnen. Ja - es dreht sich nur um ein Theater - aber es ist ein verheerendes und alarmierendes Signal.
Ungarn bewegt sich seit dem Wahlsieg des Herrn Orban unaufhaltsam in Richtung Faschismus - und die EU schaut einfach zu.
Die menschenverachtende Ideologie des Nationalsozialismus, im Zuge dessen unzählige Menschen, Juden, Roma, Homosexuelle, aus ihrer Heimat und in den sicheren Tod getrieben wurden begann still und leise, und setzte sich in Windes Eile mit all ihren zulänglich bekannten, verheerenden Auswirkungen durch.
Sie, Herr Barroso und Sie, Herr van Rompuy haben die Verpflichtung, sich deutlich und bestimmt gegen politische Entwicklungen auszusprechen, die von Menschenverachtung und Hass geprägt sind und für Minderheiten eine Bedrohung darstellen. Wir erwarten von Ihnen, solchen Ideologien mit aller Vehemenz entgegen zu treten, sie im Keim zu ersticken und dafür zu sorgen, dass die Europäische Union den ihr erteilten friedenserhaltenden und friedensstiftenden Auftrag erfüllt.
Wir haben die EU als Chance begrüßt, ein für allemal ein Europa frei von Diktatur und Unterdrückung, frei von Verfolgung und Rassismus zu schaffen. Was wir jetzt erleben ist eine EU, in der Menschen diskriminiert und verfolgt werden, Rassismus und Antisemitismus staatlich gefördert werden und nichts geschieht.
In dieser EU fühlen wir uns nicht zu Hause!
Susanne Scholl, Lili Kolisch, Evelyn Böhmer-Laufer, Berta Pixner, Ruth Bachmayer
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Für ein Europa ohne Diktatur, Unterdrückung, Verfolgung und Rassismus Ein Blick nach Ungarn
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