Dienstag, 6. Oktober 2015

[ #demokratie ] Caspar Einem liest Jura Soyfer: So starb eine Partei

Jura Soyfer wurde am 13. März 1938 in Gargellen beim Versuch, mit Skiern in die rettende Schweiz zu kommen, von übereifrigen Vorarlberger Zollbeamten verhaftet. Vom Gemeindekotter in St. Gallenkirch, nach Bludenz in den Arrest und ins Landesgericht Feldkirch. Schließlich nach Dachau und Buchenwald - und mit 26 Jahren in den Tod.

In den Wochen nach Hitlers "Berchtesgadener Diktat" – wie es die amtlichen Geschichtsschreiber noch immer nennen, wenn zwei Diktatoren ihre Völker verkaufen - vom 12. Februar 1938 spitzt sich die Lage dramatisch zu. Am Mittwoch, den 9. März kündigt Bundeskanzler Kurt Schuschnigg (1897-1977) für den 13. März, eine Volksbefragung für "ein freies und deutsches, unabhängiges und soziales, für ein christliches und einiges Österreich" an. Selbst in diesen Stunden denkt er nicht an ein freies demokratisches Österreich als Alternative zu Hitlerdeutschland sondern an ein faschistisches. Die Österreicher haben die Wahl zwischen Skylla und Charibda. Sie werden sich – wohl auch nicht ganz frei – für den Schmied und gegen das Schmiedle entscheiden.

Hitlers Truppen waren noch nicht in Österreich, aber bereits am 11. März hatte die Finanzlandesdirektion in Feldkirch noch die Aufforderung erhalten, die Grenzen abzuriegeln und der Feldkircher Auto-Touringklub hatte gar auch schon am Freitagabend, 11. März, blitzschnell die Grenzen zu Liechtenstein besetzt und so Fluchtmöglichkeiten behindert. In Feldkirch herrscht auf dem Bahnhof Willkür. Keine "preußische", sondern Feldkircher Willkür. Die "Machtergreifung" durch die Vorarlberger Nationalsozialisten erfolgt ebenfalls bereits am 11. März. Gerade auch am Feldkircher Bahnhof. Erst am Morgen des 12. März ziehen deutsche Soldaten in Bregenz ein und in ihrem Gefolge Schutzpolizisten, die sofort an die Schweizer Grenze beordert werden, um "die wilden Verhaftungen durch einheimische Vorarlberger SA und SS in die systematischen Bahnen des hitlerdeutschen Terrors zu lenken."

Jura Soyfer hatte keinen Pass und so wurden am 13. März 1938 Jura Soyfer und sein Freund Hugo Ebner beim Versuch, mit Skiern in die rettende Schweiz zu kommen, von vorauseilend dem Führer gehorsamen österreichischen Beamten in Montafon verhaftet. Ihre Vereidigung auf "den Führer" erfolgte aber erst am 18. bzw. 19.März 1939. Sein Freund Hugo Ebner wurde ebenfalls verhaftet, wiewohl er ein Visum in die Schweiz hatte. Sein Verschulden war, dass seine Jause in alten (schon vor dem "Anschluss" in Österreich durch den Ständestaat verbotenen) Gewerkschaftszeitungen eingewickelt war. Die beiden werden im Gemeindekotter in St. Gallenkirch festgehalten, am nächsten Tag nach Bludenz und schließlich am 16. März ins Landesgericht nach Feldkirch überführt. Und dort treffen sie als Mitgefangenen den Vorarlberger Altlandeshauptmann, Altbundeskanzler, Rechnungshofpräsidenten Dr. Otto Ender, der 1934 als Verfassungsminister für die autoritäre Ständestaatverfassung verantwortlich zeichnete.

Über die Gefängnisse in Bludenz, Feldkirch und Innsbruck kam Jura Soyfer ins KZ Dachau und wurde von dort am 23. September 1938 ins KZ Buchenwald transportiert. Im KZ Dachau schrieb er das berühmte "Dachau-Lied", das von Herbert Zipper vertont wurde. Als in Buchenwald Typhus ausbrach, wurde er als Leichenträger eingeteilt, infizierte sich mit Typhus und verstarb - bereits im Besitz eines US-amerikanischen Einreisedokuments - am 16. Februar 1939 an Typhus.

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