Montag, 27. März 2017

[ #Migration ] Kaum Integration: Partnerwahl von Deutschen und Türken der zweiten Generation

[eText] Ausgehend von Forschung zu sozialen Vorurteilen und der Theorie der sozialen Identität wird die Partnerwahl von deutschen und türkischen Jugendlichen der 2. Generation analysiert ( Hamburger Forschungsberichte zur Sozialpsychologie). 

Konservativere türkische Partner. Grundlage der Studie bildet eine schriftliche Befragung von 100 deutschen und 100 türkischen Jugendlichen zur aktuellen Partnersituation sowie Kriterien der Partnerwahl aus der eigenen Sicht (Autostereotyp) und der vermeintlichen Sicht der anderen Gruppe (vermeintliches Autostereotyp). Die Ergebnisse zeigen ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit zur eigenen nationalen Gruppe sowie Unterschiede in den Autostereotypen und zwischen Autostereotypen und vermeintlichen Autostereotypen der jeweils anderen Gruppen. Ebenso lassen sich große Unterschiede zwischen den Autostereotypen und vermeintlichen Autostereotypen aus einer Perspektive feststellen. Die Ergebnisse in diesem Bereich der Partnerwahl lassen weder auf eine Gleichheit der Sichtweisen der beiden Kulturen noch auf ein detailliertes Verständnis für die jeweils andere Kultur schließen. Weiterhin lässt sich sagen, dass die jeweils andere Gruppe in allen untersuchten Variablen - unabhängig von realen Unterschieden - als von der eigenen Gruppe verschieden wahrgenommen wird. Das Fazit dieser Studie lautet daher, daß angesichts einer multikulturellen Gesellschaft wie der unsrigen eine Integration der Türken in Deutschland durch Eheschließung kaum denkbar erscheint, wobei Türken im Hinblick auf Aspekte der Partnerwahl insgesamt eher konservative Werte vertreten als Deutsche.

Vergleiche. Vergleicht man die deutsche und die türkische Stichprobe hinsichtlich ihrer aktuellen
Paarbeziehung, so läßt sich feststellen, dass die deutschen Teilnehmer an der Studie zu einem größeren Teil augenblicklich in einer Partnerschaft leben und diese von den Eltern auch eher akzeptiert wird. Erwartungsgemäß scheinen insbesondere bei den jungen türkischen Frauen die Eltern Vorbehalte gegen bestehende Freundschaften aufzuweisen. Betrachtet man die Nationalität der momentanen Partner, so zeigt sich, dass in beiden Gruppen der Partner eher der eigenen Nationalität angehört.

Befragt nach der Präferenz der Nationalität des zukünftigen Ehepartners ist dies der Mehrheit der Befragten in beiden Gruppen gleichgültig. Die Bereitschaft einen Partner der jeweils anderen Kultur zu ehelichen, scheint jedoch in der türkischen Stichprobe geringer zu sein, als die deutschen Teilnehmer dies angeben.

Gestützt wird dies durch Ergebnisse von Morgenroth (1999), in dessen Studie zu Zukunftsorientierungen türkischer Jugendlicher 39% der befragten türkischen Jugendlichen angibt, auf keinen Fall einen deutschen Ehepartner wählen zu wollen und 31% dies für unwahrscheinlich halten. Lediglich 29% hielten die Wahl eines deutschen Lebenspartners immerhin für möglich. Darüber hinaus ließ sich in der vorliegenden Untersuchung feststellen, dass in der Frage der Partnerwahl bei den befragten Frauen auf größere Zurückhaltung zu treffen ist als bei den Männern. In Zusammenhang damit könnte stehen, dass sowohl bei den türkischen Frauen als auch bei den türkischen Männern eine traditionellere Einstellung bezüglich der Ehe anzutreffen ist.

Integration versus psychische Gesundheit. Insgesamt weisen die Ergebnisse darauf hin, dass zur Erleichterung des Zusammenlebens und der Integration die gegenseitige Öffnung zur anderen Kultur intensiver zu gestalten ist. Die soziale Distanz - gemessen an Partnerpräferenzen bzw. Kriterien der Partnerwahl - ist bei der zweiten Generation der Türken und den Deutschen recht groß.

Das Verständnis zwischen den Gruppen sollte durch nachdrückliche Aufklärung verbessert werden, besonders wenn angenommen werden muß, dass eine Annäherung aufgrund der sozialen Identitätsbildung mehrerer Generationen bedarf.

Eine Integration der Türken ist einerseits durch die Vermeidung von Mißverständnissen zwischen den Gruppierungen zu verbessern, andererseits ist darauf hinzuweisen, dass von Türken der zweiten Generation in dem Bereich von Partnerschaft und Ehe Werte vertreten werden, die frühere Generationen der Deutschen geteilt haben (König, 1976). Daraus ergibt sich paradoxerweise, dass Mitglieder der älteren deutschen Generation bzw. auch Personen mit konservativeren Einstellungen größere Ähnlichkeit zu Türken der zweiten Generation aufweisen als die hier untersuchte Alterskohorte der Deutschen. Wenn diese Ähnlichkeiten bekannter wären, könnte man sich eine geringere Ablehnung insbesondere aus politisch konservativen Kreisen vorstellen, denn wahrgenommene Ähnlichkeit sollte die Distanz zwischen beiden Gruppen verringern.

[citizen|BürgerIn|citoyen]

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