Mittwoch, 9. Mai 2012

TV-Castingshows: Legal ist noch nicht legitim!


Die vornehmlich an die deutschen Privatsender gerichtete Ermahnung darf gut und gerne auch für den (öffentlichrechtlichen!) Österreichischen Rundfunk gelten!

Vor dem Hintergrund zunehmender Casting- und Dokushows im deutschen Fernsehen, bei denen die Gefahr besteht, dass moralische Grenzen überschritten werden, warnen die deutschen Landesmedienanstalten die Programmveranstalter davor, ihren Rang als Leitmedium in einer demokratischen Gesellschaft aufs Spiel zu setzen. "Auch wenn viele Inhalte keine konkreten Rechtsverletzungen darstellen, werden doch Toleranzgrenzen von einzelnen Zuschauern und Zuschauergruppen strapaziert und Gefühle verletzt. Wenn weiterhin die Grenzen der Rundfunkfreiheit bis zum Letzten ausgereizt werden, drohen die Programme massiv an Glaubwürdigkeit zu verlieren und tragen zu einem Verlust gesamtgesellschaftlicher Werte bei", konstatiert Thomas Langheinrich, Vorsitzender der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM).

In einem Beratungspapier (Download siehe Link unten), das sich mit der Praxis und der Bedeutung von Programmgrenzen für private Fernsehprogramme beschäftigt, stellen die Landesmedienanstalten fest, dass durch Casting- und Dokuformate "das Anstößige und Provokante, das Sensationelle oder auch Monströse (...) einen unangemessenen Rang" erhält. In diesen Sendungen "sind von den Medienprofis gelenkte Medienlaien die Hauptdarsteller", die nicht abschätzen können, worauf sie sich eingelassen haben. Auch wenn die Sender auf gültige Verträge mit den Teilnehmern verweisen, liegt ein moralisches Versagen vor, "die Schwächen von medienunerfahrenen Laien zum Zweck der Unterhaltung auszustellen und auszunutzen". Ein Publikum interessiert sich nicht dafür, ob ein Programm legal, sondern ob es legitim ist. Darum ist auch das moralische Argument für einen dauerhaften wirtschaftlichen Erfolg der Sender unverzichtbar.

"Gerade, weil die Gewinnmaximierung durch Quotenoptimierung für den privaten Rundfunk systemspezifisch ist, scheint in den wirtschaftlich schwierigen Zeiten die Versuchung groß, die Grenzen der Rundfunkfreiheit im Interesse der Einschaltquote auszutesten. Dabei darf aber nicht aus den Augen verloren werden, dass die Veranstalter auch die Verpflichtung haben, sich an der Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe zu beteiligen und mit den Gefühlen des Publikums sorgfältig umzugehen", mahnt Prof. Dr. Norbert Schneider, ZAK-Beauftragter für Programm und Werbung.

[CITIZEN|BÜRGER|-INNEN|CITOYEN] LINK ➨   
Zur Praxis und zur Bedeutung von Programmgrenzen für private Fernsehprogramme, pdf., 5 S., 20 KB, 9.4.2009
6.5.09 [Letzte Aktualisierung 9.5.12/ ] 

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